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5 Fragen, 5 Antworten mit Mike Deecke & Thomas Reimer

Mike Deecke Interview

Mike Deecke,
Principal Management Consultant für Organisationsentwicklung

Interview mit Thomas Reimer

Thomas Reimer,
Senior Director CXM Solutions

Die Fähigkeit zur digitalen Transformation hängt offensichtlich nicht allein vom Einsatz digitaler Technologien ab. Welche weiteren Eigenschaften kennzeichnen digitale Vorreiter?

Bei jeder Transformation gibt es drei Einflussfaktoren, die eine wesentliche Rolle spielen: Prozesse, Menschen und Technologie. Wann immer Technologie im Business etwas verändert, hat dies Auswirkungen auf die daran beteiligten Menschen und Prozesse. Das bedeutet, dass Prozesse, Verantwortlichkeiten und Arbeitsabläufe ebenfalls transformiert werden müssen. Wenn allerdings Transformationen anstehen, muss definiert sein, wer Entscheidungen trifft, wer Anpassungen umsetzt und wer das Wissen über neue Prozesse vermittelt. Unternehmen, die hier bereits eine etablierte Struktur haben, sind in der Lage, Veränderungen schneller und effektiver umzusetzen.

Interview mit Mike Deecke und Thomas Reimer

Welche Rolle spielt die Organisationsentwicklung bei der digitalen Transformation?

Neue Geschäftsmodelle, agile Methoden oder die Digitalisierung von Geschäftsprozessen erfordern eine Neuordnung von Strukturen, Prozessen und Verantwortlichkeiten. Bei einer Analyse der bestehenden Aufbauorganisation zeigt sich häufig, dass klassische Abteilungsstrukturen, starre Berichtslinien oder veraltete Verantwortlichkeitsmodelle nicht mehr zu den neuen Anforderungen passen. Andererseits braucht jede Organisationseinheit klare Rollen und Verantwortlichkeiten. Ohne ein funktionierendes Rollenkonzept entstehen Lücken oder Doppelungen, die zu Ineffizienz und Friktionen führen. Ein gutes Rollenmodell stellt sicher, dass alle Beteiligten wissen, wo sie stehen und wie sie zusammenarbeiten.

Beim Organisationsmanagement versuchen wir dem Kunden die jeweils passende Struktur zu bieten, entweder um Bestehendes zu optimieren oder um Neues vorzubereiten. Maßgeblich bei dieser Aufgabe sind die Strukturen der jeweiligen Prozesse. Eine detaillierte Prozessanalyse deckt Schwachstellen auf, identifiziert Engpässe und zeigt, wo Automatisierung oder Standardisierung sinnvoll sein könnte. Zudem ermöglicht sie eine realistische Einschätzung, welche Veränderungen umsetzbar und welche Anpassungen notwendig sind, um neue Strategien erfolgreich zu implementieren. Die Prozesse bestimmen auch die jeweiligen Rollen wie Prozesseigner, Prozesskoordinatoren, Applikationseigner und -koordinatoren. Diese Rollen müssen bewusst wahrgenommen werden, um Prozesse besser managen zu können, und Teil des Prozessmanagements ist auch die Einbindung von unterstützender Technologie.

Wie wichtig ist die interdisziplinäre und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit für eine erfolgreiche Transformation und wie verändert sich die Rolle der IT im Unternehmen?

Digitale Transformation bedeutet aus meiner Sicht die Umwandlung analoger Arbeitsabläufe in digitale Workflows. Man muss sich also die Prozesse genau anschauen und prüfen, was sich digital abbilden und wenn möglich automatisieren lässt. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass Prozesse immer abteilungsübergreifend laufen. Deswegen ist die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Fachbereichen, inklusive der IT, sehr wichtig, um den Business Case zu klären und den Zweck zu artikulieren, denn daraus leiten alle folgenden Maßnahmen ab.

Die IT wurde bisher meist als Dienstleister für die Fachbereiche gesehen, doch dieser Dienstleistungscharakter wird langsam obsolet. Inzwischen wird die IT immer mehr als Partner auf Augenhöhe wahrgenommen. Auch ist es die IT, die das nötige technische Know-how über die Lösungsmöglichkeiten eines Problems hat, insbesondere jetzt mit dem Aufkommen von KI. Bei der Umsetzung digitaler Projekte sollte die IT alle betroffenen Parteien zusammenbringen und die Fachbereiche helfen, die Aufgabenstellung und die Anforderungen zu formulieren.

Kundenorientierung ist in den letzten Jahren zu einem Top-Thema aufgestiegen. Warum ist Customer Centricity so wichtig für die digitale Transformation?

Kundenzentrierung und Kundenzufriedenheit sind Aspekte, der in der Vergangenheit bei IT-Projekten häufig zu kurz gekommen sind und die jetzt immer mehr Aufmerksamkeit bekommen. Bislang wurden IT-Projekte meist in einem Inside-Out-Modus durchgeführt. Man hat sich an der eigenen Problemstellung, Ausgangsposition und Lösungsmöglichkeiten orientiert. Der Gegenentwurf ist eine Outside-In-Sicht der Problemstellung, ausgehend von den Bedürfnissen des Kunden. Das ist berechtigt, denn die digitale Welt bietet viele Möglichkeiten, das Kundenverhalten nachzuvollziehen und die Kundenzufriedenheit zu messen. Zur Implementierung von Customer Centricity gehören deshalb auch die Messung der Kundenzufriedenheit und das Customer Experience Management (CXM). Die Fokussierung auf den Kunden und die Outside-In-Sicht sind in der Tat wichtiger geworden, weil letztlich zufriedene Kunden der Garant für den geschäftlichen Erfolg sind.

Wie lassen sich am besten alle kundenbezogene Geschäftsprozesse (vom Marketing über den Verkauf bis hin zum Customer Service) integrieren und welche Chancen bietet aktuell KI, um dies zu erreichen?

Wenn man Customer Centricity ganzheitlich denkt, betrifft das jede Abteilung im Unternehmen. Es ist eindeutig auch ein Mindset-Thema, denn auch das beste Digitalisierungskonzept für Customer-Centricity nützt nichts, wenn die Kundenzentrierung nicht von Mitarbeitern gelebt wird. Bei Prozessketten sind üblicherweise Menschen involviert und wenn Sie diese nicht mitnehmen, funktioniert Customer Centricity nicht. Eine Direct-to-Consumer-Strategie, die den Online-Auftritt mit dem stationären Handel verzahnt, nützt nicht viel, wenn im Ladengeschäft die Kunden es mit unmotivierten oder inkompetenten Mitarbeitern zu tun haben. Das Change Management, das hierfür notwendig ist, wird bei den meisten Unternehmen jedoch gerne unterschätzt.

Was KI betrifft: Bei einem sehr großen Teil unserer Beratungen geht es in der Tat darum, Use Cases für KI zu identifizieren. Davon gibt es bei kundenzentrierten Prozessen sehr viele. Lange Warteschleifen bei der telefonischen Hotline zum Beispiel lassen sich durch den Einsatz von Conversational AI minimieren. Auch Guided Selling, der KI-assistierte Vertrieb, ist derzeit ein sehr gefragtes Thema.

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